Lange Zeit war eine Diabetes Erkrankung bei Pferden unbekannt. In den letzten Jahren stellte sich jedoch heraus, dass Pferde im Laufe ihres Lebens eine Diabetes entwickeln können. Die Insulinresistenz, also ein Diabetes Typ-2, wird inzwischen häufiger diagnostiziert. Diabetes Typ-1, ein Insulinmangel, ist bei Pferden bisher nicht aufgetreten.
Welche Ursachen hat Diabetes bei Pferden? Wie kannst du frühzeitig die Symptome einer Diabeteserkrankung erkennen? Welche Pferderassen sind besonders gefährdet? Und wie kann dein Pferd bei Diabetes bzw. einer Insulinresistenz unterstützt werden?
Der Gesundheitsdienst (GD) für Tiere in den Niederlanden hat in Zusammenarbeit mit Pavo diese Fragen näher betrachtet. Bei der Untersuchung kamen überraschende Antworten ans Licht.
Ursachen und Symptome bei Pferden mit Diabetes
Warum entsteht überhaupt Diabetes bei Pferden?
Über sein Futter nimmt dein Pferd unterschiedliche Nährstoffe auf, darunter auch Zucker und Stärke. Diese sind nicht nur im Kraftfutter, sondern auch in Gras, Heu und Heulage enthalten. Im Magen-Darm-Trakt werden sie zu Glucose umgebaut und in den Blutkreislauf übergeben.
In diesem Moment steigt der Blutzuckerspiegel an. Das Blut transportiert die Glucose an die Stellen im Körper, die sie entweder direkt für Stoffwechselvorgänge benötigen (z.B. Muskulatur oder Leber) oder die Glucose speichern können (z.B. Fettgewebe).
Dort wird die Glucose von den Zellen aufgenommen und verarbeitet oder gespeichert. Das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird, fördert diese Aufnahme. Sobald die Glucose von den entsprechenden Zellen aus dem Blut aufgenommen wurde, singt der Blutzuckerspiegel wieder. Generell gilt: je mehr Glucose im Blut, desto mehr Insulin wird produziert.
Gelangen über einen längeren Zeitraum größere Mengen an Glucose ins Blut und wird dementsprechend viel Insulin produziert, verlieren die Körperzellen nach und nach ihre Sensibilität für Insulin. Dies gilt vor allem für die Muskel-, Fett- und Leberzellen. Sie reagieren dann also nicht mehr auf den Botenstoff. Hierdurch wird die Glucose nicht mehr effektiv von den Zellen aufgenommen.
Um den Blutzuckerspiegel zu regulieren, produziert die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin. Aber das wiederum kann nicht effektiv für die Senkung des Blutzuckerspiegels genutzt werden. Neben den dauerhaft hohen Insulinwerten im Blut, welche die Resistenz der Zellen weiter verschärft, wird auch die Bauchspeicheldrüse stark überlastet. Zudem ist der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht. Dies überfordert den gesamten Stoffwechsel und führt zu Diabetes.
Oft entsteht Diabetes beim Pferd durch andere Erkrankungen, wie zum Beispiel Cushing oder EMS.
Bei Cushing (auch PPID genannt) kommt es zu einer Überproduktion von Cortisol, was wiederum die Insulinempfindlichkeit der Zellen herabsetzt und zu Insulinresistenz führen kann. Cortisol ist ein Stresshormon, das in hohen Konzentrationen die Fähigkeit des Körpers, Insulin zu nutzen, beeinträchtigt. Dies verschärft die Insulinresistenz. Bei Pferden mit PPID kann also durch die Fehlfunktion der Hypophyse eine Diabetes-Erkrankung entstehen.
Erkrankt ein Pferd an EMS, hat es meist auch eine Insulinresistenz bzw. Diabetes. Durch den hohen Insulinspiegel im Blut wird die Fettspeicherung, insbesondere im Bereich des Halses, gefördert. Dies kann die typischen Fettpolster verursachen.
Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass eine Insulinresistenz bzw. Diabetes kein Synonym für EMS ist. Die Insulinresistenz ist vielmehr ein Teil der Erkrankung, die im Laufe der Zeit EMS auslösen und verstärken kann.
Auch die heutigen Haltungs- und insbesondere Fütterungsbedingungen können Diabetes beim Pferd auslösen. Entspricht die Energiezufuhr nicht dem tatsächlichen Bedarf und ist darüber hinaus die Fütterung zu kohlenhydrat- und zuckerreich, führt dies unweigerlich über längere Zeit zu Stoffwechselproblemen und Insulinresistenzen.
Sind dicke Pferde immer anfälliger für Diabetes?
Pauschal kann nicht gesagt werden, dass dicke Pferde viel anfälliger für Diabetes sind. Nicht immer bedeutet ein dicker Bauch gleich ein Risiko für Diabetes. Vielmehr ist das Gesamtbild deines Pferdes entscheidend. Dazu zählt neben dem Gewicht auch die Fettverteilung am Pferdekörper, also das Erscheinungsbild deines Pferdes.
Dieses kannst du mit dem sogenannten „Body Condition Score“ (BCS) sehr gut beurteilen. Dabei beurteilst du verschiedene Körperstellen wie z.B. den Mähnenkamm, die Schulterblätter oder die Kruppe.
Alle Informationen zu diesem Modell kannst du in unserem Ratgeber „Gewicht des Pferdes zu dick oder zu dünn“ nachlesen. Ermittelst du einen sehr hohen Score, empfiehlt sich eine Rücksprache mit deinem Tierarzt, der dein Pferd auf Diabetes testen und euch beim gesunden Abnehmen begleiten kann.
Gibt es Pferderassen, die häufiger an einer Diabetes erkranken?
Pferde, die mehr Energie aufnehmen als sie verbrauchen, werden dick. Aber nicht alle (zu) dicken Pferde stellen sich als insulinresistent heraus. Dr. Kees Kalis vom GD sagt dazu: „Es überraschte uns: Die Messungen ergaben ein anderes Bild. Wir haben wohl Insulinresistenz bei allen Rassen und in jedem Alter gefunden. Aber nicht alle zu dicken Pferde litten hierunter. Es besteht wohl eine deutliche Verbindung zu bestimmten Rassen.“
Dass vor allem robuste Ponyrassen häufiger Probleme mit Insulinresistenz haben, ist erklärbar. Diese Tiere bilden im Sommer Reserven, da sie in freier Wildbahn an eine karge Fütterung im Winter angepasst waren. In der Praxis bekommen unsere Pferde jedoch im Winter meist mehr stärkehaltiges Kraftfutter. Dies gilt insbesondere, wenn sie dünner werden, auch wenn die zusätzliche Energie den Bedarf übersteigt.
Gut genährt geht es dann im Frühjahr auf die Weide, wo weitere Reserven angelegt werden. Die Pferde werden immer dicker. Vor allem Ponys wie Welsh, Welsh Cobs, Isländer und Shetlandponys stellten sich als sehr anfällig hierfür heraus. Deshalb ist es umso wichtiger, diese Rassen bedarfsgerecht zu füttern und sie das ganze Jahr über in einer optimalen Kondition zu halten.
Vererbung spielt ebenfalls eine Rolle. Man könnte erwarten, dass Insulinresistenz vor allem bei zu dicken Fjorden und Friesen gefunden wird. Dies war aber nicht der Fall. Darüber hinaus wurde bei dicken KWPN Pferden Diabetes so gut wie gar nicht festgestellt. Das bedeutet, dass nicht alle Pferderassen, die zu viel Zucker aufnehmen, auch direkt insulinresistent werden.
Deutlich wird auch, dass nicht nur die Rasse, sondern auch individuelle Veranlagungen ausschlaggebend sind. Grundsätzlich gilt jedoch für alle Pferde: die Zuckerzufuhr im täglichen Futtermittel sollte unbedingt dem tatsächlichen Bedarf des jeweiligen Pferdes angepasst sein. Grundsätzlich empfiehlt sich, den Zuckergehalt gering zu halten.
Welche typischen Symptome zeigt ein Pferd mit Diabetes?
Pferde, die unter Diabetes leiden, zeigen verschiedene Symptome. Oft sind diese Symptome aber sehr unspezifisch und allgemein. Diabetes beim Pferd wird daher häufig erst festgestellt, wenn die Insulinresistenz bereits fortgeschritten ist.
Zu diesen typischen Symptomen zählen:
- Häufiges Trinken und Wasserlassen, beeinflusst durch die erhöhte Zuckerkonzentration im Blut.
- Dein Pferd wirkt auffällig schlapp und abgeschlagen.
- Das Immunsystem wird durch die erhöhte Insulinkonzentration stark belastet, wodurch häufiger Infektionen entstehen.
- Erkrankungen wie Cushing oder EMS treten auf.
- Eine Insulinresistenz begünstigt die Entstehung von Entzündungen wie z.B. Hufrehe.
Treffen die genannten Symptome auf dein Pferd zu? Dann ziehe am besten einmal deinen Tierarzt zu Rate.
Tierarzt Eric Laarakker misst bereits seit vielen Jahren Insulinresistenz bei Pferden und Ponys. Er trifft in seiner Praxis regelmäßig auf Pferde mit einer Diabetes und stellt fest, dass aus Insulinresistenz viel mehr Probleme resultieren als nur das Risiko einer Hufrehe. „Ich stoße auch auf Muskelsteifheit, chronische Atemwegsprobleme, die sich bei Weidegang und Gelenkentzündungen verschlimmern. Dies ist vor allem bei älteren Pferden zu beobachten, bei denen der Stoffwechsel häufig etwas mühsamer verläuft und die Leistung der Darmbakterien abnimmt.“
Pferde mit Problemen bekommen oft Nahrungsergänzungsmittel. In vielen Präparaten ist jedoch Zucker enthalten. Tierarzt Eric Laarakker sagt dazu: „Wenn man nicht weiß, dass die Steifheit seines Pferdes durch Insulinresistenz verursacht wird und man gibt ihm z.B. Glucosamin, dann bekommt es wohl täglich zwei große Schippen Zucker extra, die ganz und gar nicht gut für das Pferd sind.“
Behandlung von Pferden mit Diabetes
Über einen Bluttest und einer Urinuntersuchung kann dein Tierarzt eine Diabetes-Erkrankung bei deinem Pferd diagnostizieren. Dabei wird die Glukose- und Insulinkonzentration im Blut ermittelt. Die Behandlung deines Pferdes erfolgt dann individuell und je nach Krankheitsstatus.
Eine leichte Insulinresistenz kann schon mit der Anpassung des Fütterungsmanagements sowie der täglichen Bewegung gut behandelt werden. Auch eine gesunde, verantwortungsvolle Gewichtsreduktion ist bei dickeren Pferden mit einer Diabetes essentiell.
Wie du dein Pferd mit Diabetes unterstützen kannst
Mit folgenden Tipps kannst du die Sensibilität der Insulinrezeptoren deines Pferdes unterstützen und dadurch die Symptome einer Diabeteserkrankung mindern.
Tipps für Pferde mit Insulinresistenz:
- Sorge durch ein optimales Futtermanagement (bedarfsgerechter Versorgung) und Bewegung dafür, dass dein dickes Pferd ein paar Kilos verliert. Unser Pavo InShape Abnehmprogramm wird dich dabei unterstützen.
- Verteile die Futterrationen auf mehrere kleine Portionen pro Tag.
- Achte auf den Zuckergehalt in deinem Raufutter und lasse diesen regelmäßig überprüfen (Raufutterschnelltest).
- Sollte dein Pferd neben Raufutter und Mineralfutter ein zusätzliches Kraftfutter benötigen, dann füttere ausschließlich energie- und zuckerarmes Kraftfutter. Achte auch beim Mineralfutter auf eine melasse- und getreidefreie Variante.
- Schränke den Zugang zu frischem, fruktanreichem Weidegras ein.
Zucker im Pferdefutter reduzieren – konkrete Maßnahmen
Um eine Insulinresistenz zu vermeiden oder einzudämmen, sollte dein Pferd möglichst wenig Kohlenhydrate bzw. Zucker aufnehmen. Es reicht dabei nicht aus, nur nach dem Kraftfutter zu schauen. Gras und Heu sind durchaus auch eine sehr große Zuckerquelle.
Ein regelmäßiger Weidegang ist für Pferde immer eine willkommene Beschäftigung. Allerdings gilt es hierbei einiges zu beachten. So wird z.B. oft angenommen, dass kahle Weiden nährstoffärmer sind. Dem ist jedoch nicht so. Das gestresste Gras auf kahlen Weiden ist auf Wachstum eingestellt. Dabei wird extra viel Fruktan produziert, eine Zuckerart, auf die Pferde und Ponys sehr sensibel reagieren.
Derselbe Effekt entsteht, wenn eine Weide erst gemäht wird, bevor Pferde darauf grasen dürfen. Das Wachstum wird gerade dadurch angetrieben, wodurch dieses Gras extra Zucker enthält. Pferde lieben dieses junge Gras und fressen es darum besonders gierig.
Auch im Frühling und im Herbst, wenn die Nächte kalt sind, besteht ein erhöhtes Risiko. Die Pflanze speichert viel Fruktan, um dann tagsüber, bei wärmeren Temperaturen alle Energie ins Wachstum zu stecken.
Viele Pferdehalter sind außerdem zurückhaltend, was die Weidedüngung angeht. Bestimmte Mängel an Nährstoffen im Boden sorgen allerdings ebenfalls für gestresstes Gras. Optimal für Pferde sind gedüngte, gut gepflegte Weiden mit einer dichten Grasnarbe und einer Grashöhe von mindestens 30 cm.
Um deinem insulinresistenten Pferd trotzdem eine Weidemöglichkeit zu geben, sollte die Weidefläche und auch die Weidezeit eingeschränkt werden. Dabei sollten die Pferde vor allem nicht in den frühen Morgenstunden oder abends, wenn die Temperaturen sinken, weiden dürfen. Mehr Informationen zum Thema findest du in unserem Ratgeber: Pferdeweiden bewirtschaften.
Auch Raufutter wie Heu und Heulage enthält Zucker. Wie viel? Das kann mit bloßen Augen schwer bestimmt werden. Der Pavo Raufutter-Schnelltest liefert hier eine Einschätzung, wodurch du auch die Heufütterung für dein Pferd mit Diabetes optimal auslegen kannst.
Sollte der Zuckergehalt im Heu zu hoch sein, kannst du entweder auf eine andere Partie ausweichen oder das Heu mit zuckerarmen Heuersatzprodukten, wie z.B. Fibre Nuggets oder FibreNuggets Hard mischen.
Kraftfutter für Pferde mit Insulinresistenz
Pferden, die eine Veranlagung für Insulinresistenz haben, sollten bei Bedarf ein zucker- und stärkearmes Futter bekommen, z.B. Pavo InShape speziell für dicke Pferde oder Pavo’s Nature‘s Best ergänzt mit Pavo Daily Plus. Letzteres ist eine Mischung verschiedener Rohfasern. Indem du 1 oder 2 Hände voll Daily Plus mit dem Kraftfutter vermengst, muss dein Pferd länger kauen. Hierdurch produziert es mehr Speichel, so dass das Futter gleichmäßiger verdaut werden kann.
Für deinen Senior eignet sich besonders Pavo 18Plus. Der Zucker- sowie Stärkegehalt ist in diesem Seniorenfutter auf die Bedürfnisse deines alten Pferdes (mit Diabetes) optimal abgestimmt.
Auch das Kräutermüsli Pavo Care4Life eignet sich optimal für Pferde mit einer Insulinresistenz. Das vollwertige Kraftfutter mit 11 Kräutern versorgt dein Pferd mit allen wichtigen Nährstoffen. Dabei ist es aber besonders energie-, zucker- und stärkearm. Dank der optimalen Kombination mit Vitaminen und Mineralstoffen benötigst du kein weiteres Mineralfutter. Die raue Struktur des Kräutermüslis sorgt darüber hinaus dafür, dass dein Pferd beim Fressen lange kauen muss.